Woher wir kommen...

Woher wir kommen...

Zur Geschichte und Gegenwart Freier Alternativschulen
aus "25 Jahre BFAS. Ein Jubiläumsheft über Leben und Lernen an Freien Alternativschulen."
von Matthias Hofmann (Hrsg. bfas 2013)
 
Vom beginnenden 18. Jahrhundert an veränderte sich die Schullandschaft im deutschsprachigen Raum rasant. Die staatlichen Schulen wurden ausgebaut, die Schulpflicht 1717 in Preußen eingeführt. Spätestens seit dem frühen 19. Jahrhundert jagte eine Schulreform die nächste. Das bezieht sich sowohl auf Veränderungen innerhalb des staatlichen Schulangebotes, als auch auf nichtstaatliche Schulprojekte und -bewegungen.
 
Die Schullandschaft der Weimarer Republik ist bunt wie ein Flickenteppich. Mit dem Ende des ersten Weltkrieges entstanden u. a. in Hamburg die ersten Versuchsschulen. Hier wurde überraschend frei und antiautoritär 'Schule' gemacht. Lehrer*innen wurden geduzt, Regeln gemeinsam verhandelt und verabschiedet und Lerninhalte innerhalb der Lerngruppe bestimmt. A.S. Neill eröffnete 1921 die 'Neue Schule' in der Nähe von Dresden, mit der er zwei Jahre später nach England übersiedelt. Die Zeit der Weimarer Republik ist von vielfältigen Schulgründungen geprägt. Neben engagierten, freiheitlich orientierten Pädagog*innen sind auch antisemitisch bzw. rassistisch eingestellte Kräfte aktiv. Herman Nohl fasst Anfang der 1930er Jahre all diese Bestrebungen (von 1890-1933) mit der Überschrift 'Reformpädagogik' zusammen. Eine Vereinheitlichung von Widersprüchen, die bis heute den Begriff der Reformpädagogik zu einer im Grunde wenig brauchbaren Gemengelage gemacht hat.
 
Nach dem Faschismus gab es in der BRD nur sehr zarte Pflänzchen alternativer, emanzipatorischer Pädagogik. Erst im Umfeld der Studierendenbewegung kam es zu Gründungen von ersten Kinderläden (vor allem in den Großstädten). Mit der selbstorganisierten, gemeinschaftlichen 'Erziehung' der Kinder sollten u. a. Freiräume zum politischen Handeln der Eltern entstehen. Orientiert an der Antiautoritären Pädagogik und der Psychoanalyse entstanden Konzepte, die auch Texte der amerikanischen Freeschool-Bewegung berücksichtigten. Vor diesem Hintergrund diskutierten engagierte Menschen in Frankfurt/Main die Möglichkeiten, eine Freie Alternativschule zu gründen. Aus dieser Gruppe kamen die Aktiven, die in Frankfurt und Hannover die ersten konkreten Projekte in Angriff nahmen. Es war eine Zeit des Aufbruchs und der mutigen Widerständigkeit. In mehreren Städten wurden Gruppen mit schulpflichtigen Kindern gebildet, auch wenn noch keine Genehmigung für den Betrieb einer Ersatzschule vorlag. Jahrelange Illegalität und juristische Prozesse prägten diese Zeit. Nach und nach beruhigte sich die Lage, denn das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Gründung von Ersatzschulen konnte am Ende oft erfolgreich eingeklagt werden. Zeitgleich dominierten die Diskussionen um die Integrierten Gesamtschulen die Bildungspolitische Auseinandersetzung, so dass die anfängliche mediale Aufmerksamkeit für Freie Alternativschulen schnell wieder abnahm.
 
Nach den ersten Gründungen in den 1970er Jahren entstanden Alternativschulen u. a. aus der Umweltbewegung heraus. (Mitte der 1980er Jahre setzten die Grünen im ersten rot-grünen Koalitionsvertrag fünf Alternativschulen als Versuchsschulen in Hessen durch.) 1988 wurde der BFAS gegründet, um die Interessen der Alternativschulen (u. a. Bei Gerichtsprozessen) besser vertreten zu können. Mit dem Ende der DDR gab es neue Gründungsinitiativen und es gelang eine Reihe von Alternativschulen in den neuen Bundesländern zu gründen. Der Freien Schule Leipzig gelang es sogar noch vor der 'Wiedervereinigung' die Genehmigung zu erlangen. Viele dieser Schulen sind von betont demokratischen Konzepten geprägt. In den letzten zehn Jahren schließen sich vermehrt Aktive Schulen dem BFAS an. Ihre Schwerpunkte liegen in der aktiven Mitgestaltung der Schule durch alle Beteiligten und oft in einer Orientierung an den Schriften von R. Wild.
 
Die im BFAS vertretenen Schulen stellen eine bunte Mischung dar. Verbunden werden sie durch das Streben nach einer demokratischen, alternativen und solidarischen Form von Schule.

 


Seit 1978 finden ein- bis zweimal jährlich die "Bundestreffen der Freien Alternativschulen" statt,
die in erster Linie dem gegenseitigen Erfahrungs- und Informationsaustausch dienen.
 
Auf dem Bundestreffen 1988 wurde der Bundesverband gegründet. Zum Bundestreffen 2013 erschien deshalb die Broschüre 25 Jahre BFAS. Ein Jubiläumsheft über Leben und Lernen an Freien Alternativschulen.